NGC 3432

NGC 3432 | Arp 206 | Leo Minor

Die Galaxie NGC 3432 (UGC 5986) findet sich nahe der linken, oberen Bildecke, sie bildet zusammen mit UGC 5983 ein Paar, das auch als Arp 206 katalogisiert ist (Kategorie „material ejected from nuclei“). Die in Kantenlage beobachtete Galaxie NGC 3432 mißt etwa 6.8′ x 1.5′ und zeigt einen asymmetrischen Aufbau und auffällig ist eine armartige Ausdehung am oberen, nordöstlichen Ende. Diese ca. 3′-4′ reichende Ausdehnung erinnert an einen Gezeitenschweif, besitzt aber auch ’stellar debris‘, d.h. ein fein strukturiertes Spiralarmfragment, das auch Sternentstehungsgebiete aufweist. An ihrem anderen Scheibenende, d.h. am südwestlichen Ende, findet man in 1′ Ebenenabstand die Dwarf-Gx UGC 5983, in deren Zentrum feine Strukturen auszumachen. Eine optische Brücke zwischen den beiden Gx ist nicht sichtbar.

NGC 3432 liegt bei etwa 8.4 MPc Entfernung und der Begleiter UGC 5983 ist, gemäß der gemessenen Rotverschiebung, noch ein weiteres MPc entfernt. Betrachtet man die absolute Skalierung von 2.4 kpc/‘, so fällt auf, dass NGC 3432 nur etwa einen Durchmesser von 16kpc besitzt, dies ist zu klein für den SB-Standard mit 20–25kpc. Aus HI-Beobachtungen ergibt sich eine dynamische Masse von nur 3.5*1010 Sonnenmassen, woraus der „Dwarf“-Typ auch für NGC 3432 folgt (E.Wilcots et al., AJ111, 1996).

Die beiden kanadischen Astronominnen Jayanne English und Judith Irwin haben das System näher betrachtet und dabei 1.4G Hz Radio-Kontinuum- mit Ha-Beobachtungen (AJ113, 1997) versucht in Beziehung zu bringen. Im Radio-Kontinuum gibt es wie bei den Ha Aufnahmen keine Verbindung zwischen den beiden Galaxien. Im Radiolicht der 21cm Wasserstofflinie tritt aber eine Struktur in den Vordergrund, die man sich aus zwei Komponenten aufgebaut denken kann: Ein langgezogenes Rechteck mit einem leichten Offset entlang der Scheibenebene und eine zweite Komponente, die in Richtung Begleiter verformt ist, diesen einhüllt und über den Begleiter hinausreicht.

Dieses extraplanare Filament könnte ein Hinweis auf eine Scheiben-Halo Interaktion sein, etwa in Form eines ‚blow outs‘ von heißen Sternwinden aus aktiven Sternentstehungregionen. Dieses Filament steht aber allein, und da bei ‚blow outs‘ Symmetrien zu sehen sind (bsp. bei M81), was nicht der Fall ist, und zudem das Filament diffus erscheint, handelt es sich hier eher um einen Gezeitenschweif.

Von der gesamten Ha-Leuchtkraft werden nur etwa 7% von extraplanarem Gas geliefert, das etwa eine Skalenhöhe von 1kpc beidseitg zur Hauptebene aufweist, die ionisierte Gasmenge beträgt hierin ca. 5.5*107 Sonnenmassen. Scheibe und Halo korrelieren nicht stark, alles konzentriert sich auf die Scheibenebene, daher spricht man hier von einer schwachen DIG Morphologie (diffuse ionized gas emission).

Ein mögliches Szenario ist für mich ein Fastzusammenstoß zweier Spiralsysteme, der zu einem gegenseitigen Umlaufen geführt hat. Könnte man also einen Blick ‚von oben‘ auf die Scheibenebende werfen, so würde man zwei NGC 3432 umlaufende Gezeitenschweife sehen, wobei der zweite Umlauf den Begleiter UGC 5893 aus der Ebene herausgeführt und von uns wieder entfernt hat – dieser lokale Effekt könnte auch die gemessene Rotverschiebung beeinflusst haben. Die gemessene, relative Geschwindigkeit von ca. 150 km/s passt sehr gut zur parabolischen Geschwindigkeit des Begleiters, wenn man das Perizentrum des Umlaufs im Bereich des Scheibenrandes von NGC3432 platziert, und ebenso zur Rotationsgeschwindigkeit des Scheibenrandes, wodurch sich der Vorbeiflug als eher minimal invasiv beschreiben lässt.

Auf der Aufnahme findet man unten rechts die Ringgalaxie UGC5936. Eine interessante Messgröße für diesen Typ, der auf ein Merger-Szenario zurückgeht, ist das Verhältnis Ringdurchmesser / Ringdicke. das hier etwa bei 6 liegt.

Vor geraumer Zeit konnte ich in Zusammenarbeit mit Stefan Binnewies vom Capella Team einge Ringgalaxien Aufnahmen näher untersuchen und wir konnten eine Klassifizierung vornehmen. Auffällig war eine Gruppe, deren Verhältniszahl bei 5 lag und die eine Standard-Größe darstellen koennten – im Vergleich zu UGC 5936 erscheinen sie etwas kompakter und ihr Ringdurchmesser liegt mit unter 20kpc unter dem von UGC 5936 mit 24kpc.

NGC 3432 | ARP 206 | Leo Minor
Hypergraph 350/3060, STL-11000, AO-L (Norden oben, Osten links) L: 255 min, R:40min, G:40min, B:40min, 1.9″..2.2″ gutes Seeing Rimbach, 20./21./31.3.2009

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