UGC 11871

UGC 11871 | Pegasus

Die gängige Theorie zur „cold dark matter“ (CDM) geht davon aus, dass die leuchtende, baryonische Materie von Galaxien, als das was wir auf Astrofotos sehen, in einen CDM-Halo eingebettet ist, der u.a. eine konstante Bahngeschwindigtkeit der differentiellen Rotation in den Außenbereichen von Spiral-Typen mit sich bringt. Zusätzlich sollte es „reine“ CDM-Ansammlungen geben, sog. „sub-halos“ deren Massen im Bereich 10^8..10^11 Sonnenmassen liegen und die für uns unsichtbar sind.

Obwohl man nichts fassbares zu der zugehörigen Massenverteilung oder zu der räumlichen Verteilung weiß, kann man doch abschätzen, dass Gesamtzahl dieser „sub-halos“ die Zahl der normalen Galaxien mit einem Faktor 1..10 übersteigt. Innerhalb der Lokalen Gruppe prognostiziert man mit den kosmologischen Modelle etwa 300 dieser sub-halos im Vergleich zu den ca. 45 „normalen“ Mitgliedern (A.A.Klypin et al., ApJ 522, 1999).

Da man in der Astronomie bei vielen größenskalierten Erscheinungen ein Power-Law Gesetz beobachtet, d.h. dass kleine Dinge häufiger auftreten, könnte man hier folgern, dass, ausgehend von verschieden schweren CDM sub-halos, die physikalischen Prozesse baryonische, leuchtende Galaxien nur bei den schweren sub-halos entstehen ließen, leichte sub-halos bleiben „galaxien-frei“ und damit unsichtbar. Statt „galaxien-frei“ kann man auch von „completely dark galaxies“ sprechen, die man typischerweise durch Gravitationslinseneffekte nachweisen kann (P.Natarajan und V.Springel, ApJ 617, 2004). Mit diesem Ansatz ist eine interessante Folgerung verbunden: Es gibt einige Galaxien, bei denen man eine unmotivierte Wechselwirkung bemerkt, d.h. sie stehen eher isoliert, ohne sichtbare „leuchtende“ Nachbarn, besitzen aber Gezeitenschweife („tails“, „bridges“, „envelopes“) und Starburst-Bereiche (N.Trentham et al., MNRAS 322, 2001).

Zahlenmäßig betrachtet findet man diese Wechselwirkungs-Galaxien bei etwa 8% aller Galaxien-Gruppen. Fernab von Galaxien-Gruppen, d.h. bei isoliert stehenden Galaxien, sind daher wohl Galaxien mit Hinweisen auf Wechselwirkung nur sehr unwahrscheinlich anzutreffen. Andererseits ist die Häufigkeit mit der man Wechselwirkungen bei isolierten Galaxien dennoch beobachtet, damit ein empfindliches Werkzeug um diese „CDM sub-halo“ Hypothese zu prüfen. Ausgangspunkt einer aktuellen, derartigen Untersuchung ist der „Catalog of isolated Galaxies“ von I.D. Karantsev (KIG, AA, 2006). Alle KIG-Gx wurden anhand ihrer DSS Aufnahmen nach pekuliären Morphologien untersucht und man fand 8 Mitglieder, die Wechselwirkungseffekte zeigten – nur aber eben ohne einen sichtbaren Wechselwirkungspartner. Diese 0.5% sind nun deutlich weniger als erwartet, was gegen die Existenz der CDM sub-halos spricht – zumindest gegen deren kosmologisch abgeleitete Häufigkeit. Andererseits könnte aber auch das Auftreten von „Mergern“ ein Rolle spielen, so dass man heute keine WW-Effekte mehr beobachten kann, wohl aber dass die Mergers als Aktive Galaxien fortbestehen. Eine dieser 8 isolierten Gx mit Wechselwirkungseffekten ist UGC11871. Sie ist eine Seyfert-Galaxie (Typ 1.9) und damit auch ein potentieller Merger einer normalen Gx mit einem CDM sub-halo, d.h. einer dunklen, unsichtbaren Galaxie. Ein Schlussfolgerung der Untersuchung ist zum einen die Annahme, dass die CDM-Galaxien wohl nicht häufiger als normale Galaxien sind, und dass man zum anderen bessere photographische Daten dieser isolierten Galaxien benötigt. Die Ausmaße von UGC11871 liegen bei 1.1’×0.7′, ihre Helligkeit bei 14.5mag und sie liegt in etwa 110 MPc Entfernung. Schön zu sehen ist die Blaufärbung der Aussenbereiche durch wechselwirkungsinduzierte Sternenstehung. Am linken Bildfeldrand ist noch eine auffällige polar-ring Gx zu sehen, die als PGC67786 katalogisiert ist.

UGC11871 | Pegasus
Hypergraph 350/3060, STL-6303, AO-L, (Auschnitt, Norden unten, Osten rechts) L: 240min (1×1), gutes-mäßiges Seeing 2.4″..2.8″, R:40min, G:35min, B:40min (2×2, SBIG Filter), teilweise Dunst Rimbach, 18./20./21.9.2007

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