Rekurrierende Nova T Coronae Borealis

Im Sternbild Nördliche Krone gibt es den veränderlichen Stern T CrB, bei dem es sich um eine „rekurrierende Nova“ handelt, und der in den nächsten Wochen einen Helligkeitsausbruch zeigen könnte.

Diese Vorhersage basiert auf einer Periode von etwa 80 Jahren, die man aus bisherigen Ausbrüchen ableiten konnte. Der letzte fand 1946 statt. Die „Uhr“, die in diesem engen Doppelsternsystem tickt, besteht aus einem roten M-Stern und einem Weißen Zwerg, der eine Akkretionsscheibe besitzt. Es fließt im Laufe der Zeit Material vom roten Stern in die Scheibe und füllt diese stetig auf. Ist eine bestimmte Grenze erreicht, zündet auf der Oberfläche – oder im nahen Umfeld – der Weiße Zwerg das angesammelte Material und die Kernfusion liefert dann so viel Energie, dass die Helligkeit von T CrB sprunghaft ansteigt. Die Scheibe wird durch den Nova-Ausbruch entleert, oder auch komplett zerstört. Der Weiße Zwerg überlebt diesen Ausbruch und über die Akkretionsscheibe wird dann neu aufgebaut.

Statt der normalen visuellen Helligkeit von etwa 10 mag sehen wir dann einen Stern mit 2 mag. Das Ereignis dauert nur wenige Tage. In dieser Zeit leuchtet T CrB dann so hell wie Polaris.

Zwischen diesen Nova-Ereignissen kann man in der Lichtkurve von T CrB die „normalen Schwankungen“ der Helligkeit beobachten, die durch die Umlaufperiode von 227.6 Tagen der zwei Sterne moduliert werden. Deren Amplitude liegt bei etwa 0,5 mag, ist als viel kleiner als der Nova-Sprung mit 8 mag.

Die Entfernung von T CrB zu uns liegt bei 2600 Lichtjahren. Der Weiße Zwerg hat eine Masse von 1,4 Sonnenmassen, der M-Stern bringt 1,2 Sonnenmassen auf die Waage. Dies ist M4-Riesenstern (M4III).

Das Spektrum wird im Normalzustand durch das des M-Sterns bestimmt. Hier erkennt man die typischen Absorptions-Banden aus Titanoxid. Die schmale Absorptionsstruktur bei 760.5 nm geht auf den Sauerstoff in der Erdatmosphäre zurück.

Schaut man genau hin, sieht man schwache Emissionslinien von HeI und HeII, und etwas deutlichere Linien des Wasserstoffs. Die Ha-Linie ist klar sichtbar, als Spitze im Profil. Hier leuchtet also Wasserstoff. Diese Emission dürfte mit dem Leuchten der fast gefüllten Akkretionsscheibe in Zusammenhang stehen.

Die Aufnahme vom 13.4.2024 zeigt noch nichts Außergewöhnliches. Der Nova-Ausbruch lässt also noch auf sich warten. Angekündigt ist dieser für die Zeit zwischen Februar und September 2024.


Nachtrag 03.05.2024

In der Nacht von 3. zum 4. Mai 2024 konnte ich ein weiteres Spektrum anfertigen. Die Belichtungszeit lag bei 5 * 300s. Die Bedingungen waren nicht ideal, da hohe Wolken eine gute Durchsicht verhinderten.

Das neue Spektrum ist in der folgenden Abbildung als violettes Profil zu sehen. Das Spektrum, das vor etwa 3 Wochen, am 13.4.2024 entstand, ist grün gefärbt.

Große Veränderungen zeigen sich nicht. Die leichten Variationen der Intensitäten sind zum einen auf unterschiedliche Kameras – am 13.03. eine SBIG 8300 und am 03.05. eine ToupTek 533 – und zum anderen auch auf die unterschiedlichen Beobachtungsbedingungen zurückzuführen.

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Wenn man die Profile der zwei Beobachtungen normiert, so kann man die Einflüsse der technischen Unterschiede auf die Profile reduzieren, und man erhält einen besseren Einblick in das Geschehen vor Ort.

Für diese Normierung erstellt man für jedes Profile eine Trendlinie, die dem groben Verlauf folgt. Formell nutze ich ein Resampling durch einem Low-Pass-Gaussfilter mit einer Breite von 100 Pixel.

Die nächste Abbildung zeigt die zwei Profile, die aus den oben gezeigten Profilen durch die Division mit dem jeweiligen Resample-Profil entstanden sind. Der mittlere Wert der neuen Profile liegt damit im Bereich von 1, was eben falls die Vergleichbarkeit der relativen Intensitäten erlaubt.

Und hier noch ein Zoom auf die Ha-Region. In beiden Profilen ist die schmale Emissionslinie gut zu erkennen.

Nachtrag 09.05.2024

Das dritte Spektrum von T CrB habe ich in der Nacht vom 9. / 10. Mai erstellen können. Ich habe 6 Einzelaufnahmen mit 600 s Belichtungszeit hierfür verwendet.

Die Einstellungen der ToupTek 533 habe ich auch optimiert, so dass nun die Dynamik und die spektrale Helligkeit gut zueinander passen. Dies reduziert das Rauschen deutlich. Der Profilverlauf ist glatter und die Linien können besser identifiziert werden. Dies gilt v.a. für die schwächeren Linien.

Im Spektrum lassen sich die Wasserstofflinien bis ins angrenzende UV verfolgen.

Nachtrag 08.06.2024

Es folgt ein weiteres Spektrum von TCrB, das ich in der Nacht vom 7. auf 8.6.2024 aufgenommen habe. Das Instrumentarium ist dasselbe, die Belichtungszeit habe ich auf 300 Sekunden reduziert, da die hellen Nächte nun deutlich spürbar werden. Das Set konnte ich erst 22:43 starten.

Das gezeigte Profil ist wieder durch die Division des Rohspektrums durch einen Kontinuumsverlauf entstanden. Die TiO-Band des Begleiters erkennt man gut, und die Hinweise auf die Akkretionsscheibe, also die Wasserstoff- und Helium-Linien sind sichtbar, aber noch „zurückhaltend“.

Das synthetisierte Spektrum drückt „in Farbe“ das aus, was die Grafik auch zeigt. Die deutlichen Banden-Einsenkungen prägen den gesamten Verlauf des TCrB-Spektrums. Nur die feinen Linien verraten, dass da etwas Verborgenes (noch) schlummert.

Nachtrag 28.06.2024

Unten seht ihr das Spektrum von TCrB, das ich am 24.06.2024 aufgenommen haben. Trotzt der Hochsommernacht kann man gut erkennen, dass es noch nichts Neues im Profil gibt.

Die Akkretionsscheibe füllt sich weiter, der Ausbruch lässt noch auf sich warten.

Nachtrag 29.06.2024

Das nächste Spektralprofil ist 4 Tage später aufgenommen worden. Die Abbildungen zeigen das Profil von 28.06. als rote Linie, das Profile von 24.06. ist blau dargestellt.

Die zwei Profile sind nahezu identisch. Die Variationen liegen im Bereich von 1 bis 2 Prozentpunkten und gehen auf die unterschiedlichen Beobachtungsbedingungen zurück (Transparenz, Wolken, …).

Zoomt man in den Bereich der Ha-Linie, so sieht man auch hier keine markanten Unterschiede, die zwei Profile sind fast deckungsgleich.

Nachtrag 07.07.2024

Das folgende Spektralprofil vom 07.07.2024 (23:00 .. 23:45) zeigt nun, im Vergleich zu den Profilen der letzten Wochen, eine Änderung. Die Ha-Linie nimmt weiter an Intensität zu. Bei der Hb-Linie ist ebenfalls dieser Anstieg zu erkennen.

Da alle Profile normiert sind, kann man die Intensitäten vergleichen. Innerhalb eines Profil sind die TiO-Banden-Peaks ein guter Bezugspunkt, um abzuschätzen, wie stark die Intensität der Wasserstoff-Linien zugelegt hat.

Nachtrag 09.07.2024

Im Spektralprofil vom 09.07.2024 (22:50 .. 23:30) hat die Intensität der Ha-Linie weiter zugenommen. Die Entwicklung der letzten zwei Wochen setzt sich also fort. Bezieht man diese auf das normierte Kontinuum, so erreicht die Ha-Linie nun fast das 2,5-fache. Vor einer Woche lag der Wert noch unter 2.

Nachtrag 14.07.2024

Im Spektralprofil vom 13.07.2024 konnte ich wegen durchziehender Wolken leider nur eine 300 s Aufnahme benutzten. Daher ist das Rauschniveau höher als bei den bisherigen Spektren. Die Ha-Linie ist weiterhin prominent, es ist aber kein weiterer Anstieg der Intensität zu beobachten. Die Intensität hat im Vergleich zum Profil vom 9.7. abgenommen.

Vergleich man die Intensitäten der wichtigsten Linien in den TCrB Profilen, so wird deutlich, dass die TiO-Linienintensitäten nahezu konstant sind. Im Gegensatz dazu sieht man bei den Ha- und Hb-Linien Veränderungen, die über den messbedingten Schwankungen liegen.

Um dies zu illustrieren habe ich im Bereich der Linien von TiO, HeI und H Gaussprofile angefittet. Die Amplituden dieser Gaussprofil-Fits werden in der nachfolgenden Abbildung abhängig vom Beobachtungsdatum gezeigt. Jedes Datum erhält einen spezifischen Farb-Punkt.

TCrB Spektralprofile - Gaussfit-Ergebnisse
TCrB Spektralprofile – Gaussfit-Ergebnisse

Die gemessenen Werte der Gaussprofil-Amplituden der einzelnen Bereiche lassen sich in der folgenden Tabelle zusammenfassen:

Bereich Mittelwert (Amplitude) Standardabweichung (Amplituden)

  • H-γ 0.3837 0.0505
  • TiO 0.3963 0.0440
  • H-β 0.5420 0.1316
  • TiO 0.8852 0.0607
  • TiO 0.6445 0.0570
  • HeI 0.1973 0.0351
  • TiO 0.5737 0.0284
  • H-α 1.3646 0.2107
  • HeI 0.1847 0.0148
  • TiO 0.7384 0.0428

Man kann aus den Gaussprofil-Fits folgern:

– Die 5 Bereiche mit den TiO- und den HeI-Peaks liefern für alle Beobachtungen eng beieinander liegende Werte. Dies deute ich als Bestätigung, dass das Verfahren einigermaßen konsistente Werte für deren Linienintensitäten liefert. Die messbedingte Streuung dieser Peaks liegt bei unter 0,1 ADU.

– Die zwei Wasserstoff-Linienintensitäten zeigen jeweils eine Streuung, die signifikant über der der TiO- und He-Peaks liegt. Daraus schließe ich, dass sich die „Wasserstoff-Situation in TCrB“ zeitlich ändert, im Gegensatz zum TiO und HeI.

– Das Soll-Verhältnis Ha/Hb = 2,86 wird gut erreicht (Ausreiser ist der 7.7. bei Hb – schwarzer Punkt)

Nachtrag 19.07.2024

Im Spektralprofil vom 18.07.2024 zeigt sich nun eine Abnahme der Ha-Intensität. Das schon vermutetet Flickering lässt die Linienstärken um +/- 50% in Zeitrahmen von einigen Tagen schwanken.

Die Gaussfit-Werte haben nun einen weiteren Punkt in der Zeitreihe. Und dieser liegt bei Ha ganz weit unten.

Nachtrag 21.07.2024

Gestern Abend zogen zwar schon erste hohen Cirren durch, ich konnte aber 20 Spektren mit jeweils 5 min Belichtungszeit aufnehmen. Der Mond sorgte für einen hellen Himmelshintergrund, aber diesen Einfluss entferne ich durch die Auswahl der Profile für T CrB und die Subtraktionsprofile ober – und unterhalb des Nova-Spektrums.

Die Summierung von 21 Profilen ergab das unten gezeigte nächste Spektralprofil von T CrB. Man erkennt, dass innerhalb von zwei Tagen die Ha-Intensität wieder zugelegt hat. Die Intensität liegt nun wieder im Mittelwert meiner Messungen.

Die Messwerte der Gaussfits ergeben jetzt das folgende Bild. Die Messpunkte sind farblich gekennzeichnet. Der neueste Wert ist dunkel-violett, das Minimum vom 18.07. ist gelb eingefärbt.

Wenn man die Zeitreihe der Gaussfit-Messwerte aufträgt, erkennt man die Variabilität der Ha-Intensität (blauer Verlauf). Im Gegensatz dazu ist die gefittete Linienbreite nahezu konstant (grün).

TCrB Zeitreihe der Ha-Gaussfit-Messungen
TCrB Zeitreihe der Ha-Gaussfit-Messungen

Das schon benannte Flickering der Ha-Intensität lässt sich – auch bei den nun wenigen Messpunkten – gut abschätzen. Innerhalb eines Tages kann T CrB eine Variation von 10 .. 20% in der Linienintensität produzieren. Man dazu dazusagen, dass sich dies auf die aktuelle Situation in T CrB bezieht – wenn die Nova startet, dürfte dieser Wert deutlich überschritten werden.

Innerhalb einer nächtlichen Beobachtungssession, also innerhalb von 1 bis 2 Stunden, verändert sich die Intensität nur marginal. Man kann eine Rate von rund 1 % in 1 Stunde abschätzen. Diese Variation liegt im Rahmen des Rauschniveaus meines Instruments, so dass ich nicht feiner zeitlich auflösen kann.

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