Wasser in Spektren

Der Titel klingt etwas komisch und stimmt auch nicht so richtig. Es geht darum, dass man bei der Aufnahme eines Sternspektrums „durch“ die Erdatmosphäre blickt und sich das irdische Wasser im Spektralverlauf zeigt.

Ich zeige dies am Beispiel eines einzelnen 15 s Spektrums, das ich vom Stern Alkaid, dem letzten Deichselstern im Großen Wagen (Eta UMa) aufgenommen habe. Es handelt sich bei Alkaid um einen 6 Sonnenmassen schweren B3V Stern. Also ein Hauptreihenstern, der mit einer Oberflächentemperatur von fast 16.000 K weiß strahlt.

Alkaid zeigt ein fast typisches B-Sternspektrum mit dominanten Balmerlinien und auch noch HeI-Linien. Die Linien zeigen sich bei Alkaid als Absorptionslinien und sind durch dessen schnelle Rotation – mit etwa 11 km/s – verbreitert.

Spektrum Eta UMa – 15 s Belichtung, Kontinuum entfernt und normiert

In der Abbildung des Spektralverlauf sind die Linien der Elemente Wasserstoff und Helium mit dargestellt und beschriftet. Die ebenfalls gezeigten Sauerstofflinien sind auf den Sauerstoff in der Erdatmosphäre zurückzuführen.

In der nächsten Abbildung ist der Wasser-Beitrag als zusätzliches Profil (grün) eingeblendet. Dieses Feature gehört zu meinem Auswertungsprogramm BASS.

Spektrum Eta UMa und Wasser-Absorptionslinien (grün)

Vergrößert man den markanten „Wasser-Beitrag“ zwischen 715 nm und 735 nm kann man das Auf-und-Ab des blauen Stern-Spektralprofils den einzelnen Linien des Bandenspektrums des Wassermoleküls zuordnen. Das Wassermolekül trägt hier noch viel mehr Linien bei, als hier aufgrund der geringen Auflösung des Spektrums von 0,18 nm / Pixel sichtbar sind.

Ausschnitt – Gemessenes Eta UMa Spektrum (blau) und synthetisches Spektrum mit Wasser-Absorptionslinien (grün)
Ausschnitt – Farbdarstellung des gemessenen Eta UMa Spektrums (oben) und des synthetischen Spektrums mit Wasser-Absorptionslinien (unten)

Nach dem Alkaid-Spektrum kamen immer mehr Wolken aus dem Westen und die zugehörige „Wassermenge in der Atmosphäre“ war dann so hoch, dass ich den Beobachtungsabend beenden musste.

Wenn man aus dieser Beschreibung „herauszoomt“ gelangt man zu Rolle von Wasser im elektromagnetischen Spektrum. Aus der Sicht eines Astronomen geht hier darum, welche Beobachtungsfenster in der Atmosphäre vorhanden sind. Wie man sieht gibt es schon im visuellen Spektralbereich diese Wasser-Bandenspektren, deren Linien Sternspektren aufgrägt werden.

Die Abbildungen zeigen auch, dass sich diese Absorptions-Marker deutlicher zum roten Ende finden lassen. Dies geht darauf zurück, dass die Bandenspektren von Wasser, die auf Rotations- und Vibrations-Übergänge der Elektronenen im Wassermolekül zurückzuführen sind.

Das dreiatomige Wassermolekül – H2O – ist gewinkelt aufgebaut. Die zwei H-Atome schließen einen Winkel von 104,5° ein. Im Schenkel dieses Dreiecks sitzt das O-Atom. Der Abstand zwischen dem O- und jeweils einem H-Atom liegt bei 95.84 pm.

Das gesamte Molekül kann sich um die Symmetrieachse drehen und hier gequantelt Rotationsenergie aufnehmen. Und hier wird es schon kompliziert. Eben weil das gewinkelt aufgebaute Wasser-Molekül drei orthogonale Rotationsachsen besitzt, die durch seinen Schwerpunkt verlaufen. Die zugehörigen Trägkeitsmomente sind verschieden und so ist die Rotationsenergie-Aufnahme auch unterschiedlich. Wobei Aufnahme natürlich gequantelt erfolgt und man nutz zu Beschreibung auch Quantenzahlen, nur sind die Treppenstufen der Energiezunahme bei diesen Rotationszuständen verschieden hoch.

Bei der Vibration strecken und verkürzen sich die Abstände der H-O-Atombindungen. Es gibt hier zwei Schwingungsmoden – man spricht von Streckschwingungen – einmal schwingen die H-Atome in gleicher Richtung, und einmal gegenläufig – so ergeben sich zwei Vibrationsenergien mit den zugehörigen Werten ν1 = 3657 cm-1 und ν2 = 3756 cm-1.

Dazu kommt noch die Vibration der H-H-Atome (ν3 = 1595 cm-1). Hier schwingen die H-Atome nicht entlang der Verbindung O-H, sondern sie schwingen in Richtung des anderen H-Atoms, also aufeinander zu und dann voneinander weg.

Diese drei Grundvibrationen liegen im Infraroten. Ihre Obertöne, also die ganzzahligen Kombinationen der Schwingungsfrequenzen von ν1, ν2 und ν3, ergeben – zusammen mit den niederenergetischen Rotationsübergangs-Kombinationen – die vielen Gruppen der vielzahligen Absorptionslinien, die ins nahe und in das rote visuelle Spektrum hineinreichen.

Betrachtet man jetzt elektromagnetische Übergänge, also An- und Abregungen von den Elektronen der Atome im Wassermolekül, resultiert das komplexe Vibrations-Rotations-Spektrum.

Die Überlagerung der Rotations-Vibrations-Schwingungen beim Wassermoleküle beschreiben die Durchlässigkeit, bzw. die Nicht-Durchlässigkeit der Erdatmosphäre für elektromagnetische Strahlung. Der Wasserdampf in der Luft, wie auch das Wirken anderer mehratomiger Moleküle wie CO, CO2 erzeugen somit „Fenster für Beobachter“. Wie etwas im Visuellen, oder einigen Mikrometerwellen-Bereichen (bspw. bei 10 μm) und ausgeprägt zwischen 10 cm und 10 m Wellenlänge, dem Fenster, das die Radioastronomie nutzt.

Besonders auffällig ist bei meinen Spektren die Wasser-Gruppe bei 715 nm bis 735 nm, die auf den Abbildung zu sehen ist. Dort mischt auch noch die Sauerstoff-Absorptionslinie bei 718.6 nm mit. Die tiefe Sauerstoff-Absorptionslinie bei 760.5 nm ist „wasserfrei“. Sie nutzt man als ein Marker für den Sauerstoffgehalt der Atmosphäre.

Bei dem von mir verwendeten LISA Spektrografen sind die Linien dieser Wasser-Gruppe ein guter Indikator, ob die Fokussierung in Ordnung ist. Passt alles, so erkennt man auf beiden Seiten der Nicht-Absorption bei 722 nm einzelnen Linien.

Wer tiefer einsteigen möchte in diese Linien-Vielzahl des Wasser: Es gibt Online-Datenbanken, die sowohl die Wellenzahl (in cm-1, also den Kehrwert der Wellenlänge) und deren Absorptionskoeffizienten kostenfrei auch Amateuren zur Verfügung stellen – etwa https://hitran.org/lbl/ .

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