M82 Spektrum – Teil 2
Anfang April 2015 bescherte das gute Wetter mehrere Beobachtungsnächte, wo ich M 82 mit dem DADOS mit einem selbst hergestellten 300 L/mm Gitter spektroskopieren konnte.
Dabei habe ich die Lage des 50mu-Spaltes variiert und eine einfache Rasterung der hellen Gebiete nahe des M 82 Galaxienzentrums untersucht. Noch bin ich in der Auswertung, ich möchte aber gerne die ersten Resultate zeigen, ggf. habt ihr ja noch weitere Ideen zur weiteren Analyse.
Auf der nachfolgenden Aufnahme habe ich die Spaltlagen eingezeichnet. Der Hintergrund ist eine ältere RGB Aufnahme von M 82, die ich selbst erstellt hatte.
Für die Spaltlage A habe ich ein Spektrum erstellt – unten seht ihr einen Ausschnitt. Die Höhe des Spektrum entspricht der Spaltlänge. Man erkennt die [NII]-Ha-[NII]-Emissionslinien (1,2,3), und weiter rechts die [SII]-Emissionslinien (4,5).
Die angegebenen Wellenlängen beziehen sich auf einen vermessenen, horizontalen Spektralstreifen, der im Bereich A.4 liegt (siehe rechte Bildseite). Die Wellenlängen-Werte zeigen, die Rotverschiebung der Emissionszentren. Bezogen auf die Ha-Linie ermittelt man eine Geschwindigkeit von +550 km/s.
Interessant ist zu sehen, dass die Lagen der Zentren der Emissionslinien – von oben nach unten betrachtet – nicht konstant bleiben, sondern eine Wellenform beschreiben. Die Linien im hellen Streifen (A.2) zeigen eine größere Rotverschiebung als jene im Streifen A.4. Auch hat man den Eindruck, dass beim Übergang von A.2 zu A.1, die Rotverschiebung wieder abnimmt.
Ich nutze ein kleines IDL Auswertungsprogramm, um die Lage der Ha-Linie mittels Gaussfit zu bestimmen und dies für jedes horizontale Spektralprofil. Somit kann man die Wellenlinie auch als Geschwindigkeitsverlauf quantifzieren.
Da M82 eine irreguläre Galaxie ist, tut man sich schwer ein Zentrum zu definieren, und damit auch eine Rotationszentrum. Schon jetzt kann ich sagen, dass der Bereich links vom fast vertikal verlaufenden Staubband keine Emissionslinien zeigt. Dies sich die linken Anteile der Spaltlagen B und D.
Zum 300er Gitter: Bisher habe ich beim Dados das mitgelieferte 200L/mm Gitter genutzt, doch hier zeigte es sich, wie ihr in meinen anderen Beiträgen sehen könnt, dass die [NII]-Ha-Linien , wie auch die zwei [SII]-Linien als Blend im Spektrum zu sehen sind. Und hier wollte ich die Auflösung verbessern, ohne die Belichtungszeit massiv zu erhöhen zu müssen. Dazu habe ich ein Gitter von Thorlabs gekauft und auf einem Dados-Gitterträger montiert. Die Linientrennung ist damit besser möglich – wenngleich diese sich immer noch teilweise überlappen.
Es folgen die Ergebnisse der Analyse des Spalt-A-Spektrums.
Das Bild des Spaltspektrums habe ich als FIT Datei in MaximDL bearbeitet und dann als TIFF exportiert, um mittels Photoshop ein entzerrtes JPEG zu erzeugen. Auf diesem Weg erreicht ich eine 16bit Grauskalierung der spektralen Intensitäten. Die JPEG Bilddaten habe ich dann in IDL eingelesen – die x-Achse entspricht der Wellenlänge, die y-Achse der Spaltkoordinate. Das nachfolgenden Bild zeigt den Contour-Plot der Intensitäten.
Man erkennt, wie schon im Bild des ersten Postings, die Wellenform, die sich in den Emissionslinien abzeichnet. Am prominentesten ist die Ha-Linie, und meine Absicht war, an diese Linie eine Gausskurve anzufitten, um die Daten automatisiert zu extrahieren. Am linken Rand sieht man die irdische 6311Angstroem Emissionslinie, die für Hg-Energiesparlampen typisch ist. Diese Linie verläuft vertikal, sie zeigt nicht die Wellenform der M 82 Emissionslinien.
Vor Durchführung des Gaussfits habe ich eine Glättung des Bildes durchgeführt, diese nutze ein 3×3 Pixel Schema. Die Gaussfits wurden für jeden horizontalen Spektralstreifen durchgeführt, jeder dieser Spektralstreifen ist 1 Pixel hoch.
Die nachfolgende Abbildung zeigt das Ergebnis des Gaussfits an die Ha-Emissionslinie. Die x-Achse zeigt das bestimmte Ha-Linienzentrum, auf der y-Achse ist die Spaltkoordinate des Spektralstreifens aufgetragen.
Die Abbildung der Fit-Werte zeigt nun sehr deutlich, was schon im Spektrum zu erkennen war: Die Ha-Linie besitzt Wellenform – die Lage der Linie verändert sich entlang der Spaltkoordinate. Man sieht, dass bei Spaltkoordniaten > 200 die Messwerte stark schwanken, da hier die Ha-Emissionslinie schwerer nachweisbar ist.
Interessant ist auch, die Amplitude des Gaussfits in Abhängigkeit von der Spaltkoordinate aufzutragen. Diese Amplitude beschreibt die Intensität der Ha-Emissionslinie.
Dieser Amplitudenverlauf zeigt einige interessante Einzelheiten:
- Bei Spaltkoordinatenwerte von ±125 liegt der dunkle Streifen im Spektrum, der im ersten Posting zu sehen ist, hier liegt das Staubband vor dem Ha-Knoten
- Im Bereich von 70–100 liegt das Maximum, d.h. die größte Ha-Linienintensität
- Das Ha-Maximum besitzt einen Doppelpeak
- Bei Werte über 150 nimmt die Ha-Intensität ab, sinkt aber nicht auf 0, sondern bleibt noch bis 280 als Linie nachweisbar
Die weitere Analyse geht nun weiter in Richtung Astrophysik im Zentrum von M82. Man kann an die Wellenform eine Rotationskurve anpassen. Der Werte Bereich von Amplitude zu Amplitude umfasst etwa 230 km/s , d.h. dies entspräche einer Rotationsgeschwindigkeit von ± 115 km/s.
Als Nachtrag: Die Rotationskurve, die man aus der Lage der Ha-Linienzentren ableiten kann, lässt sich in einen rot- und einen blauverschobenen Teil auftrennen. In der nachfolgenden Abbildung habe ich dies Trennung farblich dargestellt.
Die Nulllinie liegt bei ca. 6577 Angström, die Amplituden erreich ± 2.2 Angstroem. Rechnet man diese Werte in Relativgeschwindigkeiten um, so erhält man die schon genannten Werte von ± 110–120 km/s. Deutet man diese Geschwindigkeiten als den Nachweis einer rotierenden Gasscheibe, so kann man festhalten, dass die Größenordnung typisch ist für zirkumnukleare Gasscheiben in Galaxien. Man muss anmerken, dass eine Projektion, d.h. eine Inklination der Gasscheibe diese Werte noch beeinflusst.
Mein Abbildungsmaßstab der Kombination 14″ Hypergraph + Dados liefert für den Spalt eine Länge von 4.05′. Der Skalenmaßstab der Spaltkoordinate liegt bei 1 Pixel = 31 Lichtjahre.
Die Maxima der Rotationskurve liegen etwa 70 Pixel voneinander entfernt, woraus man einen projizierten Durchmesser der Gasscheibe von 2.100 Lichtjahren ableiten kann. Dies passt gut zur Annahme einer zirkumnuklearen, rotierenden Scheibe, die in der hellen Region im Spalt-A-Bild zu finden ist.
Eine Information möchte ich noch nachreichen: Durch die automatisierte Auswertung, d.h. durch die zeilenweise vorgenommenen Gaussfits, kann man davon ausgehen, dass der methodische Fehler zumindest bei allen Messwerten gleich ist.
Wenn man die durch den Fit bestimmte Lage des Ha-Zentrums gegenüber der ebenfalls bestimmten Ha-Amplitude der Emissionslinie aufträgt, ergibt sich das folgende Diagramm:
Die Punkte wurde rot bzw. blau gefärbt, je nachdem zu welchen Teil der Wellenform sie zugehörig sind. Bemerkenswert ist, dass man in dem Punkteweg den Intensitätsverlauf des Spaltspektrum nachverfolgen kann. Hier bieten sich Modell-Vergleiche an, d.h. wie ist die leuchtende Gasscheibe aufgebaut, die so einen Verlauf erzeugt? Was man schon sagen kann, ist dass es keine simple, homogene Scheibe sein kann. Auch bin ich nicht sicher, in wieweit man hier zwischen der Gasscheibe und davor liegenden Staubwolken unterscheiden kann, die die Emission örtlich beeinflussen.
Hat jemand im Form, etwa bei Be-Sternen und deren Scheiben, schon einmal solche Fragen untersucht? Mein Ansatz ist der, für die Scheibenemission eine Projektionsellipse zu berechnen, über der der Spalt des Dados liegt und man einen Rotationsgeschwindigkeiten-Verlauf herausschneidet.
Ich habe nun die drei anderen Spalt-Spektren (B,C,D) bearbeitet. Nachfolgend zeige ich Euch alle 4 Spektren (A,B,C,D). Die Lage der Spalte ist jeweils verändert worden, in der Grafik oben im Posting ist die Lage des 50mu Spaltes rot markiert worden.
Die erste A-Spaltlage ist in Ost-West-Richtung platziert, dies war das erste Spektrum von M82, hier habe ich die Galaxie angefahren und den Dados nicht rotiert. Die Standardspaltlage liegt bei meinem Aufbau in RA-Richtung. Mit der Idee der Abrasterung habe ich dann die Spaltlange so verändert, dass diese der Längsachse von M82 entspricht. Die Spaltlage B,C,D liefern dann drei Rasterlinien mit unterschiedlichen Höhen. Die Nachführung liefert eine Genauigkeit < 0,5″, so dass die Spalte als einigermaßen stabil betrachtet werden können.
Hier sind die 4 Spalt-Spektren als Contour-Plots im Vergleich zueinander dargestellt:
Die Höhe der Spektren habe ich auf 600 Pixel normiert, damit weicht diese Grafik etwas von der oben im Posting gezeigten A-Darstellung ab.
Man erkennt die Lage der Emissionslinine von [NII], Ha,[NII] und weiter rechts die zwei [SII]-Linien. Im schon beschriebenen Verfahren wurden Gaussfits durchgeführt, um für jeden horizontalen Spektralstreifen die Ha-Linienmitte zu bestimmen – und zwar in Abhängigkeit von der Spaltkoordinate. Ich habe für die Spektren zuvor eine 3×3-Glättung vorgenommen.
Hier seht ihr die 4 Plots mit der durch den Gaussfit bestimmten Lage des Ha-Linienzentrums:
Man kann nun einige Informationen ableiten:
– Die beschriebene Wellenform im A-Spektrum ist auch im B-Spektrum zu erkennen
– Der Amplitudenbereich im B-Spektrum ist etwas weiter (ca. +10%) als im A-Spektrum
– Die weiter oben liegenden Spektren D und C zeigen auch eine Linienverschiebung, diese ist aber weniger stark ausgeprägt als bei A und B
Bezogen auf die Astrophysik im Zentrum von M82 kann man schließen, dass die vermutete rotierende Gasscheibe in B-Richtung besser erfasst wird. D.h. dass die Scheibenebene wohl parallel zur Längsachse der Galaxie orientiert ist.
Der nächste Schritt ist die Modellierung der Scheibe – in dem separaten Beitrag.