M 87 – Spektrum

Zu dieser Datenauswertung hatte ich im VdS-Forum schon einmal einen Betrag verfasst. Ich stelle diesen hier nun mit ein.

Quelle: ESO https://www.eso.org/public/images/eso1907a/

M87 war Mitte 2019 ein medialer Star – hier wurde auf das „erste Foto eines Schwarzen Lochs im Zentrum einer Galaxie“ verwiesen, das man nun fotografiert hätte. Es ist klasse, wenn Wissenschaft es bis in die Nachrichtensendungen schafft, aber er fällt auf, wie sehr dann dabei Infos verlorengehen oder man Vereinfachungen lesen muss. Beim M87-Foto war es die Rekonstruktion von Bilddaten aus Radiomessungen, also kein optisches Bild. Und man sieht – mittelbar – die berechnet Leuchtkraft der Scheibe, die das supermassive Schwarze Loch umgibt. 2021 hat man hier nachgelegt und konnte auch Magnetfeld-Wirbel in dieser Rekonstruktion zeigen, wie auch die zeitliche Veränderbarkeit. Wobei dies dann nicht mehr so viel Aufmerksamkeit hervorbrachte.

Aber zurück in die Ostertage 2019. Am 19.April war es sternklar und trotz des Mondlichts habe ich M87 spektrometriert. Dazu habe ich mit meinem 14″ Hypergraphen mittels des LISA Spektrographen 10 Spektren mit jeweils 20 min Belichtungszeit aufgenommen. Als Kamera habe ich eine ATIK460EXm genutzt, die die SBIG ST10 ersetzt – hier hatte durch Testreihen herausgefunden, dass die Atik bei gleichen Belichtungszeiten ein doppelt so gutes S/R-Verhältnis liefert. Das 1. Bild zeigt das gesamte Spektrum – ich habe den Kontinuumsverlauf (noch) nicht entfernt, damit ihr sehen könnt, wie weit die QE der Atik reicht

M87 Gesamtes Spektrum
M87 Gesamtes Spektrum

Der Bereich der H-Alpha-Region zeigt deutlich eine Emissionslinienstruktur. Das folgende Bild zeigt diesen Ausschnitt des Spektrums.

M87 Ha-Region
M87 Ha-Region

Bei M87 handelt es sich um eine große elliptische Galaxie im 55 Mio Lichtjahre entfernten Virgohaufen – man klassifiziert sie als cD, also als „Riesengalaxie“, die im Haufen schon mehrere kleinere Galaxien „verschluckt“ hat.

Die Veröffentlichung des Bildes der Umgebung des schwarzen Loches in M87 lieferte einen Beweis für das so genannte Standardmodell der Aktiven Galaxien. Hierzu gehört auch eine zentrale Akkretionsscheibe, in der Material langsam ins Zentrum zum super-massiven Schwarzen Lock strömt.

Es gab schön früher Messungen und Belege für diese Scheibe, aber eben nicht als „Foto“. Einen Link füge ich ein, ihr findet dazu aber jede Menge Material im Internet.
http://archive.seds.org/hst/M87Plot.html

Mit meinen bescheidenen Daten kann man einen kleinen Einblick in diese „Scheibennatur“ gewinnen – und zwar in der Form, dass die Ha-Linie ein Komposit der blau- und der rot-verschobenen Ha-Linien sind, die auf die leuchtenden und rotierenden Scheibenstrukturen zurückzuführen sind. Im Ha-Ausschnitt sind die zwei Komponenten markiert.

__ Ha-Blaukomponente: 658.05nm gemessen -> 787 km/s
__ Ha-Rotkomponente: 660.07nm gemessen -> 1710 km/s

Der Mittelwert liefert für den Kern von M87 die Fluchtgeschwindigkeit von 1248 km/s , die nur 2.7 % vom Literaturwert von 1284km/s abweicht. Aus meinen Daten kann man auch ablesen, dass die mittlere Rotationsgeschwindigkeit der Scheibe +/- 462 km/s beträgt.

Genaugenommen ist das der Teil der Scheibe den ich mit meinen Möglichkeiten beobachten und messen kann. Das gesamte Innere von M87 folgt eine Scheibengeometrie und staffelt sich über Staubtorus, also um dichte Ringe, die dann zum Zentrum zu einer flachen Akkretionsscheibe werden, die dann den finalen Materialtransport zum supermassiven Schwarzen Loch bewerkstelligt. Das Überströmen folgt Magnetfeldstrukturen, die das enorme heißen Gas verdichten. Dessen Strahlung wirkt dann wieder auf die Akkretionsscheibe zurück, so dass diese auch im Röntgenlicht strahlt – und ihre Temperatur dann wieder die Abströmungen – wie auch das Scheibengas – erhitzt.. Die Verdichtungen umlaufen, folgt man den Modellen, das Zentrum und ihr Licht wird moduliert. Diese Modulation bezieht sich auf unsere Beobachtungsrichtung, hängt aber auch von der Geometrie des Zentrums ab. Hier spielen Wolkenregionen eine wichtige Rolle, die sich über- und unterhalb der Akkretionsscheibe befinden. Deren Geschwindigkeiten unterscheiden sich und so erscheinen die optischen Emissionslinien einmal schlanker oder breiter, je größer der Beitrag schneller Wolken ist.

Zu Beachten ist auch, dass die Lichtgeometrie durch die große Zentralmasse in einem stark gekrümmten Raum liegt. Wenn also die Verdichtungen ihre letzten Umläufe vollziehen, bevor sie ins Zentrum stürzen, so zeigt die Variabilität sicher die Umlaufszeiten im Auf-und-Ab der Röntgenhelligkeit. Mit zur Modulation trägt aber auch bei, dass die einzelnen Verdichtung zerrissen werden und diese „Röntgenlichter“ dann weniger hell sind und verblassen. Das Ergebnis ist ein Geflacker, weil es viele solcher umlaufender Verdichtungen gibt. Der resultieren Helligkeitsverlauf enthält dann eine quasiperiodische Passagen. Hier folgen dann eine Handvoll Maxima aufeinander, die dann fast gleiche Abstände aufweisen, bevor sie dann wieder verschwinden.

Wenn das Schwarze Loch aktiv ist, können auch Jets auftreten, die senkrecht zur Scheibe gerichtet sind und Material mit relativistischen Geschwindigkeiten aus Zentrum transportieren. Deren Reichweiten erreichen Tausende von Lichtjahren. Man beobachtet in diesen Fällen dann Radiogalaxien, da diese Jet-Fernwirkung sich in der Anregung der 21-cm-Linie des neutralen Wasserstoffs (HI) zeigt.

Extragalaktisch betrachtet ist M87 die hellste Radioquelle am Himmel. Ihr „Radioname“ lautet Virgo A.


In der Diskussion im VdS-Forum um gab es noch Anregungen und Überlegungen, ob es sich bei den Linien, genauer bei der Struktur ggf. nicht um die verschobenen H-Alpha-Linie handeln könnte, sondern um eine Substruktur der dort liegen [NII]-Linien.

Hier einmal der Links zu einem Kernspektrum von M87, das auch auf dieser Scheiben-Annahme beruht:

Anbei der Link zum Artikel … https://pages.astronomy.ua.edu/keel/agn/m87core.html

Die Zentralmasse wurde damals mit 3.2 * 10^9 Sonnenmassen noch zu klein abgeschätzt, der aktuelle Wert liegt bei 6.5 * 10^9.
Die modellierte Scheibe zeigt Gechwindigkeiten von +/- 450 .. 500 km/s und dies passt sehr gut zu meinen Werten.

Es gibt im Modell viele Scheibenbereiche, die heiß genug sind, um Ha-Linienemission anzuregen – so, wie du schreibst, sind es dies 20.000K und diese gibt es nahezu überall – über / unter der Scheibe. Als Anhaltspunkt – diese Scheibe strahlt deutlich auch im Röntgenlicht, auch dort übrigens mit einer prominenten Emissionslinie (Eisen).

Was auch klar wird, ist, dass es viele Beiträge zum Ha-Leuchten gibt, und alle „prägen“ ihre rot/blau-verschobenen Ha-Anteile in die Ha-Emission ein. Das Ergebnis ist dann das Komposit.

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